Wir brauchen dringend Internet-Kompetenz in der Gesellschaft

Heute morgen ist es auf einmal überall in den alten Medien zu hören und zu sehen: Zur Terrorabwehr will „Stasi 2.0„-Schäuble Verdächtigen eine Mail mit Trojanern unterschieben.

Der Trojaner soll dabei so aufgebaut sein, dass er von Firewalls und Antivirenprogrammen nicht erkannt wird. Politik und alte Medien übernehmen diesen Blödsinn ungefragt. Die Politik beschäftigt sich eher mit dem Problem, dass die Glaubwürdigkeit des Absenders (irgendeine Bundesbehörde) dadurch Schaden nimmt. Dabei sollten sie sich lieber darum kümmern, etwas für die Glaubwürdigkeit der Politiker insgesamt zu tun.

Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass Politik langfristige Entscheidungen trifft und sie deshalb nicht von den Bürgern verstanden wird. Es ist aber doch eher so, dass die Politiker nur ihre kurzfristigen Ziele verfolgen (Machterhalt) und z.B. beim Thema Internet überhaupt keine Ahnung von dem haben, worüber sie da sprechen. Bei vielen anderen Dingen kann ich es nicht überprüfen, aber warum sollte es dort anders sein?

Also liebe Journalisten und Politiker: es ist kein Problem nachzufragen, wenn man mal keine Ahnung hat. Das gilt auch für „Netz“-Ressortleiter in den Redaktionen, die eher Boulevardthemen aufgreifen. Ist ja OK, im Moment müssen sich die alten Medien umorientieren und dürfen auch mal Unsinn ausprobieren. Aber fragt doch einfach bei solchen sensiblen Themen bitte mal bei denen nach, die wirklich Ahnung haben. Mit dem Chaos Computer Club (CCC) gibt es da einen hervorragenden Ansprechpartner, dem man auch vertrauen kann.

An Herrn Schäuble: nicht jeder „Terrorverdächtige“ ist so einfältig wie die Mitarbeiter der Regierung, die sich durch Öffnen irgendwelcher Anhänge ein Viren einfangen. Und Sie werden es auch nicht schaffen, weltweit alle Hersteller von Antivirenprogramme dazu zu bringen, Ihren Trojaner absichtlich nicht zu erkennen. Mal ganz abgesehen davon, dass es hanebüchen ist, über den Upstream einer herrkömmlichen Internetverbindung Gigabyteweise Daten anzuzapfen. Ihr Pläne sind technischer Bullshit, rechtliche Bedenken haben ja selbst Ihre Kollegen im Kabinett.

5 Gedanken zu „Wir brauchen dringend Internet-Kompetenz in der Gesellschaft

  1. endlich sagt das mal jemand. ich hab mich schon gewundert, dass alle nur über die rechtliche seite – die ja durchaus problematisch genug ist – streiten und niemand auch nur erwähnt, dass die regierung mit ihren paar internet-honschis wohl kaum in der lage sein dürfte das technisch umzusetzen.
    ausser halt bei menschen, die ihren computer mit den üblichen verdächtigen (explorer etc) betreiben und von viren eher nix gehört haben. aber ob das dann die gesuchten terroristen sind…
    naja, ich sehe ich habe mich zu wiederholungen der auch schon von dir vorgebrachten einwaende hinreissen lassen – kurz gesagt: recht hast du!

  2. verblödung und unkenntnis scheinen sich auch weiterhin auf trefflichste zu mischen. so durfte der ZDF-terror „experte“ theveßen letztens sagen, dass die fahnder den drei, die letztens verhaftet wurden respekt zollten weil diese kommunizierten, indem sie offene und ungeschützte w-lan netze anderer leute für den email versand nutzten.
    das ist nun ungefähr das, was jede zweite finanziell unterausgestattete studi-wg auch macht. meist zwar mit absprache mit dem netz-besitzer aber manchmal halt auch ohne.
    wenn also technische kenntnisse auf diesem level den fahndern „respekt abnötigen“, wärs dann nicht besser aus dem bka und bnd eine anzahl von studijobs zu machen?

  3. Bei dieser Gelegenheit möchte ich nur folgendes sagen: Wenn die Technik erst einmal da ist, wird es keinen Halt mehr geben und auch Verbrecher, Spanner, Werks-Spione, Terroristen usw. werden diese Technik benutzen oder benutzen diese Technik schon heute. Deshalb sehe ich den Vorstoß des Innenministers eher als Türöffner für die Gefährdung der inneren Sicherheit. Was passiert, wenn sich Terorristen diese Technik aneignen und in den Computer eines Kernkraftwerks oder bei der Bundeswehr eindringen?

    Die allgemeinen Sicherheitslücken von Windows sind ein Einfallstor für Viren und Trojaner. Ein Problem, das es unter LINUX vielleicht nicht geben wird.

    ich mache das so:
    alter PC nur für Internet und e-mail. Auf gar keinen Fall Outlook, sondern eine ältere Version von Mozilla. Mozilla Version 4.78 genügt für den e-mail Empfang.
    neuer PC als Arbeitsrechner für die Programmierung ohne Internet und ohne Vernetzung.

    Dem Hacker keine Chance.

    Viele Grüße
    Thomas

  4. Ich vermute, der Schäubli-Trick wird sein, dass der Nutzer die Email, deren Anhang den BND-Trojaner enthält, gar nicht sieht, bzw. es ist so geplant, daß das Mailprogramm sie nicht anzeigt, sondern selbstständig öffnet. Das kann man jetzt lange diskutieren, ob das technisch geht oder nicht, manchmal sind simple Vorstellungen die (Treff-)sichersten. Notfalls bricht der BND vorher in die Wohnung ein und installiert ein Plugin.
    Natürlich wäre es zielführender, wenn der B(U)ND den Netzverkehr analysiert und die Strassen überwacht. Es wird auch in 200 Jahren nicht verfassungskonform sein, die generelle Erlaubnis für den unsichbaren Eingriff in die Privatsphäre zu bekommen. Der sicherste Schutz für den Terrorist ist nach dieser Diskussion nämlich, den privaten Rechner gar nicht zu benutzen.

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