Morgendliche Dramen am Postschalter

Ich musste nur zur Post, weil Amazon ein kleines Buch so großzügig einpackte, dass es nicht in den Briefkasten passte. Vor mir in der Schlange standen zwei ältere Herren, die ihre wohlverdiente Rente morgens in der Post auf den Kopf hauen.

Während der erste schon bedient wurde, wartete der zweite beharrlich am gleichen Schalter, obwohl ein weiterer Schalter frei wurde. Die Begründung „Ich weiß nicht, ob die da auch Briefmarken hat„, ließ mich erahnen, dass mindestens ein Briefmarkensammler anwesend war. Selbst als skeptischer Postkunde hätte ich nicht daran gezweifelt, an jedem Schalter Briefmarken zu bekommen. Aber diese schnöden neumodischen Dinger, auch Postwertzeichen genannt, scheinen wohl nicht so beliebt zu sein.

Ohnehin scheinen Philatelisten andere Vorstellungen von notwendigen Eigenschaften einer Briefmarken zu haben, als der profane Briefeschreiber. Denn der erste ältere Herr drängelte sich zum Postschalter zurück (dem mit den Briefmarken) und regte sich auf: „Die kleben!“ und meinte damit einige Briefmarken, die er in der Hand hielt. „Geben Sie mir zwei neue!„, rief er der angestrengt wirkenden Schalterfachkraft zu, während ich noch darüber sinnierte, dass mich nichtklebende Briefmarken mehr aufregen würden als klebende. Aber gut, wahrscheinlich genau deshalb bin ich auch kein Briefmarkensammler geworden.

Zum Glück hatte ich noch etwas Zeit und konnte somit beobachten, wie nun der zweite Herr einen kleinen Disput mit der immer noch angestrengt wirkenden Dame auf der anderen Seite des Schalters begann. Ähnlich wie ein Bankräuber hatte er ihr einen Zettel zugeschoben und kurz dachte ich, dass sein Knopf im Ohr vielleicht doch kein Hörgerät sondern ein Kommunikationsmittel mit dem Fahrer des Fluchtfahrzeuges draußen sei. Aber bei dem Zettel handelte es sich nur um eine Art Einkaufsliste für Briefmarken, den die Dame überflog und dann meinte, dass sie von „denen“ hier keine zehn Stück verkaufen könnte. Sie hätten keine komplette Rolle bekommen, weshalb sie auch noch für andere Kunden was übrig lassen müsse. Ein verzweifeltes „Aber ich muss die doch gleich für den Ersttag abstempeln lassen“ und ein plötzlich knallroter Kopf ließ die Dame dann wohl doch erweichen. Denn wenig später sagte sie ihm (zweimal, beim zweiten Mal lauter; also tatsächlich ein Hörgerät) „Hier sind 35 Stück. Mehr habe ich leider nicht„. Mit einem Schulterzucken nahm er sie entgegen und irgendwie glaube ich, dass sich da heute Morgen noch jemand auf dem Weg in andere Postfilialen macht, um auch gut gerüstet zu sein. Für was immer da auch kommen mag…

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2 Gedanken zu „Morgendliche Dramen am Postschalter

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