Pseudonyme und ihre Folgen

Ich habe es, ehrlich gesagt, noch nie verstanden, warum sich Leute Pseudonyme geben. Schon seit Jahren geistere ich in Usenet, Foren und neuerdings auch Blogs umher, habe aber nie einen Hehl daraus gemacht, wer ich bin. Manchmal wird man zwar gezwungen ein Pseudonym zu benutzen, in der Regel gebe ich aber einfach meinen kompletten Vor- und Zunamen als „Benutzername“ an.

Natürlich sehe ich den Sinn hinter Pseudonymen ein, wer mag schon gerne öffentlich in einem Forum zum Alkoholismus Stellung nehmen, wenn er oder sie damit rechnen muss, dass z.B. ein potentieller neuer Arbeitgeber erstmal eine Suchmaschine seiner Wahl mit den Namen der Stellensuchenden füttert?

Meine Ablehnung gegenüber Pseudonymen soll auch nicht für alle gelten, ich für meinen Teil posaune persönliche Dinge aber auch nicht ins Netz hinaus, das mache ich dann doch lieber mit Freunden im direkten Gespräch. Vielleicht auch deshalb, weil ich genau weiss, dass ich eine (Daten)-Spur im Internet hinterlasse.

Aber gut, das ist wieder ein anderes Thema, den Anlass zu diesem Beitrag haben verschiedene Beiträge bei Blogger.de und Twoday.net gegeben. Eine Frau gab sich als Mann aus, hat über viele Wochen hinweg Beiträge geschrieben, die auf viel Anklang gestossen sind. Irgendwann gab sich die Frau als solche zu erkennen und unter nebulösen Umständen wird in anderen Blogs plötzlich über diese Frau, frühere Blogs und deren Verwandlung von Mann zu Frau und umgekehrt debattiert, dass es eine wahre Freude ist.

Auch wenn vieles aus Spaß geschrieben wurde, was die Identitäten angeht, werden sie dennoch gestellt, die Fragen nach Sein oder Nichtsein: bist Du wirklich der, für den Du Dich ausgibst? Das lässt sich mit den Pseudonymen nur ganz schwer herausfinden, weiss man es doch manchmal nicht einmal, wenn man persönlichen Kontakt pflegt…

Lustig wird es dann, wenn ein neues Pseudonym auftaucht, dass ein bestehendes leicht erweitert, oder verändert. Dann fühlt sich der Besitzer, oder die Besitzerin des ursprünglichen Pseudonyms plötzlich angegriffen, ihrer/seiner Identität beraubt. Als wenn sich die ganzen Schmidts und Müllers dieser Nation gegenseitig bekriegen würden.

Und in den betroffenen Blogs geht es garnicht um schlimme Sachen, da wird sogar beteuert, dass man genauso ist, wie man es im Blog niederschreibt – ja, warum denn dann das Pseudonym?

Little Christmas Gedicht

de.alt.netdigest ist einfach unerschöpflich:

*pockpockpock*

„Ja, wer ist da?“
„REIMPOLIZEI!“
„Wer bitte?“
„REIMPOLIZEI! BITTE ÖFFNEN SIE!“

*quietsch*

„Guten Abend Herr (zumtürschildlins) Wowereit. Wir sind von der Literaturpolizei, Abteilung Reim & Vers (plaketteunterdienasehalt); wir hätten da ein paar Fragen an sie.“
„Ja, äh, wieso, ich..“
„Wir haben Kenntnis davon erhalten, daß sie am 6.12.03 gegen 12.28 Uhr im Internet ein, äh, Gedicht in Umlauf gebracht haben, das in mehrerer Hinsicht gegen Sitte & Anstand, ähm, Reim und Metrum verstößt. Sie können natürlich zuerst ihren Anw, ehämm, Lektor kontaktieren.“
„??“
„Unseren Informationen zufolge wurden folgende inkriminierten Belegstellen von Ihrem T-Online-Anschluß aus verbreitet:“
„Falls Sie meinen Usenet-zugang meinen: Ich poste über Tiscali“
„Hören Sie, veralbern Sie mich jetzt bitte nicht, Sie stecken schon tief genug in der Scheiße, verstehen Sie mich? Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland Internet von AOL und von T-Online.“
„(lufthol)“
„Und auf so simple Verschleierungstaktiken fall ich nicht rein, ja?
‚Tiscali‘ ist ‚T-Online‘ auf Lateinisch. Meinen Sie, ich merk da nicht?
‚Ti-scali‘! ‚Scali‘ – die Leiter, die Linie; und ‚Ti‘ ist ‚T-‚ …“
„(sprachlos)“
„Also zur Sache:“

Sat, 6 Dec 2003 12:28:26 +0100 Stefan Wowereit schrieb:

> In the kitchen of the house
> mother makes the Christmasschmaus.
> She is working, schufts and bakes
> the hit is now her Joghurtkeks

Unzulässiger Jambuswechsel.

> Day by day does so vergang
> and the holy night does come

Scheinreim.
Strafverschärfend wirkt der Einsatz im Paarreim.

> Then the childrenlein are coming
> candle-Wachs is abwärts running.

Scheinreim zum zweiten. Siehe oben.

> and the angels look so fine
> well this is the Weihnachtstime.

Scheinreim zum dritten. Damit kann die zu erwartende Strafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.

> when unterm Weihnachtsbaum they’re hocking
> then nothing can them ever shocking.
> They are happy, are so fine
> this happens in the christmastime.

Scheinreim.
Als strafmildernd ist dabei die Refrain-ähnliche Funktion zu werten.

> The animals all in the house
> the Hund, the Katz, the bird, the Maus,
> are turning round the Weihnachtsstress,
> enjoy this as never nie

Garkeinreim.
(Schämen Sie sich eigentlich gar nicht, Sie Perversling?)

> well they find Kitekat and Chappi
> in the Geschenkkarton of Papi.

„well they“ – wie soll das bittschön betont werden? Naja. Lassen wir’s als Spondeus durchgehen – weil bald Weihnachten is‘.

> The family behins to sing
^Typo. Geht extra.

> Her nose indeed is very fine
> ende of the Weihnachtstime

Gut, hatten wir schon.
(wischzück) Ich füll das jetzt mal aus – Sie können’s gleich bezahlen, Sie können natürlich auch Einspruchg einlegen – wird aber wohl nix nützen, kann ich Ihnen versichern. Seit Knoth Kanzler ist, weht da ein anderer Wind. Durchschlag ist für Sie.Ach ja: Paarreimsteuer (ab 42 Zeilen) erledigen die Kollegen vom Finanzamt. Schönen Tag noch.

> Autor leider Unbekannt

Den kriegen wir schon noch, verlassen Sie sich drauf!

xpost&Fup2
Manfred