Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

Schweigen ist keine Option mehr. Denn die sogenannte „schweigende Mehrheit“ wird durch die AfD-Nazis vereinnahmt. Will man nicht stillschweigend zu dieser Mehrheit gehören, muss man sich äußern. Zum Glück tun das seit ein paar Wochen sehr viele Menschen, indem sie bei Demos auf die Straße gehen. Friedlich. Großeltern und Enkel. Generationsübergreifend.

Ja, in meiner Schulzeit in den späten 70ern bis in die 90er war es irgendwann nervig, im Deutschunterricht schon wieder ein Buch oder eine Kurzgeschichte zu lesen, die vor den Nazis warnten. Aber es war eigentlich nur nervig, weil man sich einfach nicht vorstellen konnte, dass dieses Gedankengut tatsächlich mal wieder erstarken würde. Man hatte verstanden, dass Angst und Hass auf die Dauer nicht glücklich machen.

Zumindest war das Jahrzehnte lang Konsens in der Gesellschaft. Wenn irgendwer durch rechtes Gedankengut auffiel, wurde noch tatsächlich geächtet. Heutzutage fühlen sich selbst die Konservativen auf den Schlips getreten, wenn dazu aufgerufen wird, gegen Rechtes Gedankengut auf die Straße zu gehen. Plötzlich scheint der Begriff „Konservativ“ nicht mehr auszureichen. „Rechts“ zu sein ist in Deutschland aber aus gutem Grund extrem verpönt – oder sollte es zumindest sein.

Ich verorte mich sicherlich eher links der Mitte, deshalb fällt es mir leichter, den Abstand zu „Rechts“ beibehalten. Es wäre aber schön, wenn die „schweigende Mehrheit“ auf der anderen Seite der Mitte sich ebenso von „Rechts“ distanzieren würde. Dann würde man sich endlicher wieder im sogenannten demokratischen Parteienspektrum bewegen.

Ich erinnere mich noch an die NPD und die Partei der „Republikaner“. Die haben schon damals genau so herum geschrieben, wie jetzt die AfD, Freien Wähler und wie sie alle heißen. Auch inhaltlich hat sich seitdem nichts getan. Es ist wirklich traurig das mit anzusehen.

Ich hatte nur den Eindruck, dass damals zumindest auch die Medien an einem Strang zogen. Gut, die BILD-Zeitung war schon immer ein Hetzblatt, aber so offen wie jetzt haben sie die Nazis noch nie unterstützt, meine ich. Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber immer noch Nazis interviewt ist wirklich ganz schwer zu ertragen. Ja, ich weiß, der öffentlich-rechtliche Rundfunk will unabhängig berichten, was grundsätzlich auch völlig Okay ist. Aber man spricht einfach nicht mit Nazis. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür.

Wenn man ehrlich ist, haben sich die Medien – leider auch die öffentlich-rechtlichen – in erster Linie in Richtung Unterhaltung entwickelt. Entsprechend sollte es nicht verwundern, wenn die abendlichen „politischen Talkshows“ inhaltlich kaum von den Krawall-Talkshows aus den 90ern und frühen 2000er zu unterscheiden sind: kreischende Personen sitzen im Kreis.

Umso wichtiger scheint es nun zu sein, nicht nur zuhause auf der Couch den Kopf zu schütteln, sondern sich öffentlich gegen Nazis zu stellen. So blöd es sich auch anfühlt, offensichtliche Dinge immer und immer wieder anzusprechen, müssen wir es tun, weil sich sonst die schweigende Mehrheit plötzlich ganz viel weiter rechts befindet, als sie es eigentlich sein wollte.

Seitdem ich denken kann, waren die hetzenden Nazis ein Schandfleck der Gesellschaft. Das musste nicht extra ausgesprochen werden. Inzwischen reicht es nicht mehr aus, die AfD als Nazis zu bezeichnen. Die schweigende Mehrheit muss wieder aktiv Farbe bekennen, damit die blau-braunen merken, dass sie immer noch der Schandfleck Deutschlands sind.

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