Erinnert ihr euch noch an den Sturm aus der letzten Woche? In Norddeutschland und an den Küsten Deutschlands tobte er besonders stark. Christian hieß er, der Sturm. Jedenfalls in Deutschland. Der selbe Sturm hieß in Schweden nämlich Simone und war nicht weniger heftig.
Zuerst flog die Schubkarre weg, weniger dramatisch könnte man auch sagen, dass sie vom Wind umgestoßen wurde. Das passierte noch relativ früh am Nachmittag und kommt schon mal vor wenn der Wind ein bisschen stärker ist und ich die Schubkarre motivationsfördernd draußen stehen lasse. Als ich die Schubkarre also so mitten auf dem Weg liegen sah, bin ich doch mal nach Draußen um sie etwas in Sicherheit zu bringen. Ganz uneigennützig natürlich: ich hatte keine Lust, sie später hinten aus dem Wald zu fischen. Das was mich da Draußen an Sturmböen erwischte war schon nicht ohne.
Nachdem es dann dunkel wurde – was hier so gegen 16:30 Uhr der Fall ist, hörte ich irgendwann von der Seite des Hauses ziemlich viel Lärm den ich nicht zuordnen konnte. Zwar Pfiff und rappelte es schon den ganzen Tag, aber das war wirklich lauter. Zur Sicherheit leuchtete ich erst einmal von Innen mit der Taschenlampe die Umgebung der Hauswand ab und fand ein Stückchen weiter ein Stück Wellblech liegen. Ein Blick zur anderen Seite bestätigte mir, dass es zu dem kleinen Schuppen am Haus gehört, indem der – inzwischen nicht mehr in Betrieb befindliche – Öltank residiert. Also wieder nach Draußen und das Stück Wellblech bergen. Wenn ich von Stück rede, muss man sich das mit einer Größe von etwa 1,50 m x 1,50 m vorstellen. Zum Glück hatte ich es mit dem Stück nicht weit, mein Respekt vor der Wirkung des Windes auf mehr als 2 Quadratmeter Fläche war auch so groß genug. Außerdem konnte ich in der Dunkelheit auch nicht so recht einschätzen, wie locker die restliche Wellblechstücke saßen und ob mir die wortwörtlich um die Ohren fliegen würden. Passiert ist zum Glück nichts und die auf dem Schuppen verbliebenen Reste des Wellbleches machten nur Radau aber sonst nichts.
Zwischen 21:00 und 22:00 Uhr beschloss ich dann ins Bett zu gehen, da der Sturm zwar immer noch tobte, aber das Haus einen stabilen Eindruck machte und ich sowieso nichts hätte machen können. Genau zu der Zeit fiel dann der Strom aus. Schon vorher flackerte es ein paar mal, was bei den überirdisch verlegten Stromleitungen bei dem Sturm auch nicht wirklich überrascht. Noch mal 30 Minuten später war dann auch das Licht der Straßenlaternen weg. Stromausfälle kenne ich inzwischen aus Schweden und war mir sicher, dass die das schnell in den Griff kriegen würden. Ja, auch ich irre ich manchmal.
Am nächsten Morgen war der Strom immer noch weg und auch das Handynetz. Das war insofern blöd, weil ich jetzt nicht einmal im Büro in Deutschland anrufen konnte um Bescheid zu geben, dass es noch ein bisschen dauern könnte, bis ich wieder arbeiten kann. Irgendwann hatte ich die Warterei zuhause satt und bin mit dem Auto nach Kalmar gefahren. Auf dem Weg dorthin hatte ich keine drastischen Sturmschäden gesehen und in Kalmar selbst gab es sowohl Strom als auch Handyempfang. Also flugs in der Agentur Bescheid gegeben, dass ich an dem Tag erst später online werden würde. Haha! Ich bin so naiv!
Auf dem Rückweg war ich wohl wesentlich wacher und sah somit bei uns im Dorf gleich an zwei Stellen riesige umgestürzte Bäume. Na gut, dachte ich mir. Der Sturm war wohl wirklich nicht so ohne. Bei mir am Haus war, abgesehen vom Wellblech, alles in Ordnung – wenn man mal die ganzen abgebrochenen Äste im Garten ignoriert. Zuhause begann dann also das Warten. Nun muss man dazu wissen, dass ich nicht an das kommunale Wassersystem angeschlossen bin, sondern das aus einem Brunnen hier im Garten kommt. Soweit, so schlecht. Denn damit gibt es auch keinen Wasserdruck! Normalerweise sorgt eine Pumpe im Keller dafür, die natürlich mit Strom betrieben ist…
Zwei Toiletten im Haus sind aber wenigstens für die großen Geschäfte mit Wasser gefüllt und ich darf auch schon mal verraten, dass der Wasserdruck in der Leitung noch für zwei mal Spülen reichte. Andererseits muss ich auch gestehen, dass ich zum Pinkeln vorsichtshalber hinter’s Haus gegangen bin – irgendwie muss man sich die Ressourcen ja einteilen! Die Heizung funktionierte natürlich auch nicht mehr. Denn obwohl das Heizungswasser selbst noch heiß genug war, lief natürlich die Umwälzpumpe nicht, die dafür sorgt, dass das warme Wasser duch die Heizungen getrieben wird. Als es irgendwann Nachmittag wurde und sowohl Strom als auch Handynetz auf sich warten liessen, sorgte die einbrechende Dunkelheit dann dafür, dass es langsam kälter wurde. Zum Glück habe ich einen offenen Kamin und hatte morgens noch etwas Brennholz aus Kalmar mitgebracht.
So saß ich also den ganzen Tag über zuhause und wartete. Zum Glück war mein Kindle noch voll aufgeladen und ein paar Bücher warteten noch darauf gelesen zu werden. Beim Schein des Feuers und einiger Kerzen konnte man der ganzen Sache auch etwas Gemütliches abgewinnen. Ab 18:00 Uhr zog ich dann mit den ganzen Kerzen oben ins Schlafzimmer um das so ein klein wenig wärmer zu bekommen. Und ob ich unten im Sessel hänge, oder oben im Bett liege und lese, macht ja auch keinen Unterschied. Dabei fällt mir ein: ist es eigentlich auch so ein Kindheitsmythos, dass das Lesen bei schlechtem Licht die Augen verdirbt, oder muss ich mir nun ernsthaft Gedanken um mein Augenlicht machen?
Der zweite Morgen ohne Strom brachte zumindest das Handynetz zurück, so dass ich den Kollegen in Bonn ein paar Mails schreiben konnte. Wobei mein iPhone nach dem Laden im Auto am Vortag bedenklich unter die 50%-Marke der Akkuanzeige rutschte. Während ich also wartete und dem Knistern des offenen Kamins lauschte, las ich das zweite Buch zu Ende. Langsam wurde es wirklich langweilig. Ich hätte zwar noch einiges im Garten erledigen können, oder wollte auch immer noch ein paar Städte in der Umgebung besuchen, aber ungeduscht gehe ich ungern unter Menschen – vor allem nach zwei ungeduschten Tagen. Und wenn ich im Garten gearbeitet hätte, wäre eine Dusche umso dringender gewesen. Und wer weiß, wie lange der Strom noch ausbleiben würde und ob ich nicht irgendwann doch mal wieder Einkaufen müsste? So langsam rächte es sich, dass ich Endzeit-Science-Fiction so gerne mag: meine Phantasie kannte keine Grenzen.
Also der Akku des iPhones dann aber ganz leer war, musste was getan werden: ich fuhr wieder nach Kalmar um das Handy im Auto aufzuladen, irgendwo was Warmes zu Essen und vielleicht ein Klo zu finden. Mit allen drei Vorhaben war ich übrigens erfolgreich.
Damit ich unterwegs wusste, ob der Strom zuhause immer noch weg ist, oder nicht, hatte ich die Webcam zuhause eingesteckt. Denn die schickt eine Mail, sobald sie wieder von Außen zu erreichen ist. Und obwohl ich ziemlich viel Zeit in Kalmar verplemperte, kam die tröstende Mail nicht. Gegen 13:30 Uhr fuhr ich trotzdem wieder zurück nach Påryd und mitten auf dem Weg dann endlich die Mail der Webcam! Der Strom war wieder da. Um kurz nach 14:00 Uhr konnte ich das dann auch den Kollegen in Bonn per Chat mitteilen und mein Homeoffice wieder in Betrieb nehmen – ob ungeduscht oder geduscht ist dabei zum Glück egal.
Am nächsten Morgen war der Strom übrigens noch mal weg. So ungefähr von 6:00 Uhr bis 9:00 Uhr. Ich schätze aber mal, dass dabei nur ein paar provisorische Reperaturen vom Vortag in Ordnung gebracht wurden. Ein bisschen hatte ich mich trotzdem geärgert, dass ich keine Eimer mit Wasser parat gestellt hatte – zu unwahrscheinlich kam es mir vor, dass der Strom wieder wegbleiben würde.
Das Foto oben stammt übrigens aus dem Wald hinter meinem Haus. Die Höhe der Bodenplatte mit den Wurzeln und der Erde beträgt gut 2 Meter. Ich habe nicht gehört wie er gefallen ist, wahrscheinlich war der Lärm des Sturms aber auch einfach zu groß. Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie weit weg das vom Haus war, gibt es hier unten noch das Foto aus der Gegenperspektive. Ich sage mal so: ich hätte es wohl mitbekommen, wenn der Baum in die andere Richtung gefallen wäre.