Ich weiß nicht, ob ich ein schlechter Mensch bin, weil mich der gestrige Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin ziemlich kalt lässt. Ich schreibe extra Vorfall, weil ich mir nicht sicher bin, was denn der große Unterschied für die Betroffenen ist, ob es nun ein Unfall war, oder ein Anschlag auf das Leben der Menschen. Geht es einem besser, wenn man weiß, dass man ein Familienmitglied durch einen Unfall verloren hat, oder durch einen Mord? Kann man sich in einem Fall besser damit abfinden?
Ich kenne keine der Menschen dort und deshalb fällt es mir schwer, das kollektive Entsetzen zu teilen. Ja, jeden Tag können schlimme Dinge passieren. Vielleicht sind sich die Leute dessen nicht bewusst und wahr ist nur, was im Fernsehen gezeigt wird. Die hudnerten toten Radfahrer pro Jahr werden halt nicht dementsprechend in die Öffentlichkeit gezerrt. Oder Herzinfarktopfer, oder, oder, oder.
Es kommt mir so vor, als ob dieser Vorfall als Happening begangen wird. Als ob die Diskussion und Berichterstattung irgendwas ändern würden. Außer es vielleicht attraktiver zu machen, solche Taten zu begehen. Immerhin wird ja tatsächlich etwas erreicht. Denn es ist ja wohl klar, dass der/die Täter nicht die eigentlichen Opfer im Hinterkopf hatten, sondern eben diese anschließende Show.
Also: wenn ein LKW in einen Weihnachtsmarkt fährt, weil eine Bremse defekt war, und dabei sterben genauso viele Leute wie gestern in Berlin und es werden ebensoviele verletzt. Ist es dann wirklich nicht so schlimm? Muss man dann weniger Angst haben?
Woher kommt dieses Entsetzen und diese Angst? Ich halte mich für einen empathischen Menschen und würde mit den Verletzten und den Familienmitgliedern der Toten mitfühlen – wenn ich sie kennen würde. Ich kann aber kein Mitgefühl für Personen entwickeln, die Angst und Entsetzen vor irgendeinem diffusen Gefühl der Unsicherheit haben. Ich verstehe nicht und kann nicht nachvollziehen, warum die Welt (zumindest aus deutscher Sicht) seit gestern Abend schlimmer sein soll, als noch am Abend vorher.